Kohärenzgefühl

Das Kohärenzgefühl (sense of coherence, SOC) wurde von Aaron Antonovsky beschrieben.

\“Im Laufe seiner Untersuchungen stellte Aaron Antonovsky fest, dass gesunde Menschen über eine bestimmte geistig-seelische Globalorientierung verfügen, die er als „Kohärenzgefühl“ bezeichnet. Dieses „Gefühl“, über das gesunde Menschen in ausgesprochen großem Maße verfügen, steht im Zentrum der Salutogenese. Menschen mit viel Kohärenzgefühl kommen – grob gesprochen – im Leben gut zurecht. Sie sind, um bei Antonovskys Flussmetapher zu bleiben, „gute Schwimmer“. Sie fühlen sich ihren Problemen und Herausforderungen gewachsen, finden sich in ihrer Welt zurecht und sehen in ihrem Leben einen Sinn.

Dabei ist das Kohärenzgefühl (trotz des Begriffs) nicht als bloßes Gefühl oder gar als „Allmachtsfantasie“ zu verstehen. Eher ist es als Wahrnehmungs- und Beurteilungsmuster zu begreifen. Auch wurde es verglichen mit einem kognitiven Raster, das einem erlaubt, sich und die Welt in einem bestimmten Licht zu sehen. Diese kognitive, „verstandesmäßige“ Ausrichtung trug Antonovsky letztlich den Vorwurf ein, die gefühlsmäßige, affektive Seite des Kohärenzgefühls in seinem Modell nicht genug zu würdigen.\“ (Bengel ua 2001:142)

Das Kohärenzgefühl hat drei Apekte:

\“Verstehbarkeit: Menschen mit ausgeprägtem Kohärenzgefühl erleben die Welt als strukturiert, vorhersehbar und erklärbar. Gleiches gilt für ihre inneren Erfahrungszustände. Ebenso haben gesunde Menschen mit ausgeprägtem Kohärenzgefühl das Gefühl, dass auch andere Menschen sie verstehen. Diese Verstehbarkeit ordnet Antonovsky der kognitiven Seite des Erlebens zu.

Handhabbarkeit: Hinter dem Gefühl der Handhabbarkeit der Welt steht die Überzeugung, generell geeignete Ressourcen an der Hand zu haben, um Probleme und Herausforderungen zu bewältigen. Schwierigkeiten, so die Überzeugung, sind zu meistern – gleichgültig, ob der Betreffende sie selbst löst, ob er sich auf andere verlässt oder einer höheren Macht vertraut. Auch Handhabbarkeit wird der kognitiven Seite des Erlebens zugeordnet.

Bedeutsamkeit, Sinnhaftigkeit: Menschen mit hochgradigem Kohärenzgefühl halten ihr Leben, ihre Biographie und ihr Tun für sinnvoll. Die Aufgaben sind es wert, dass man Energie in ihre Lösung investiert – gleichgültig „wie die Sache ausgeht“. Menschen mit viel Kohärenzgefühl werten ihr Leben als interessant, lebenswert und schön. Diese Komponente „Sinnhaftigkeit“ ordnet Antonovsky als affektiv-motivationale Komponente im Salutogenese-Modell ein. Sie gilt unter den drei Komponenten des Kohärenzgefühls als wichtigstes Element.

Antonovsky will das Kohärenzgefühl (SOC) allerdings nicht als Kriterium für eine Typologie von Menschen verstanden wissen. Der Begriff bezeichnet lediglich eine dispositionale, überdauernde Orientierung, ein beständiges Muster der Wahrnehmung. Dieses Wahrnehmungsmuster entwickelt sich von Geburt an. Im jungen Erwachsenenalter ist es gereift und gefestigt.\“ (ebd:143)

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